Kerkini-See - Eldorado für fischfressende Vögel
Angesichts der von heimischen Fischereiverbänden bemühten Graureiher- und Kormoran-Diskussion lohnt sich ein vergleichender Blick an den Kerkini-Stausee in Nordgriechenland. Er ist ein Natura 2000 Gebiet und mit ca. 54-72 km² Wasserfläche (stark schwankende Wasserstände) deutlich kleiner als die Salzkammergutseen zusammen. Unvergleichlich sind jedoch das Vorkommen von Wasservögeln und ihre Akzeptanz durch die Bevölkerung.
Im Sommerhalbjahr 2013 zählten die Ornithologen am Kerkini: 5.500 Kormorane, 650 Zwergscharben, 3000 Rosapelikane, 500 Krauskopfpelikane, 1500 Seidenreiher, 250 Silberreiher und mehr als 300 Graureiher. Zusätzlich brüten hier: 125 Paare Weißstorch, 600 Paare Nachtreiher, 200 Paare Rallenreiher oder 120 Paare Löffler etc. Etwa 300 Vogelarten sind für den Kerkini bestätigt, u. a. bis zu 3000 Flamingos, 6000 Lachmöwen usw.
Je nach Jahreszeit unterschiedlich kommen in diesem einen nordgriechischen Vogelschutzgebiet etwa 10.000 bis 15.000 größere, fischfressende Vögel vor, kleinere, z. B. hunderte Paare Seeschwalben nicht berücksichtigt. Die Vergleichszahlen aus den kontinuierlich erhobenen Wasservogelzählungen für die Salzkammergutseen im Winter 2014: 224 Kormorane, 14 Silberreiher, 33 Graureiher. Das sind nur 2-3 % der fischfressenden Vögel des Kerkini! Selbst die gesamten Landesbestände Oberösterreichs mit bis zu 1000 Kormoranen und ca. 250 Silberreihern im Winter bzw. 125 Graureiher-Brutpaaren nehmen sich neben den tausenden Fischfressern des Kerkini-Sees sehr bescheiden aus.
Mag sein, dass Kerkini und Salzkammergutseen in ökologischer Hinsicht nur bedingt vergleichbar sind, etwa bezüglich Fischfauna und Klima. Eines ist trotzdem offenkundig: Die ca. 30 Berufsfischer und 300-400 Hobbyfischer des Kerkini-Sees in Mazedonien, einer der ökonomisch ärmsten Regionen Europas, tolerieren seit Jahrzehnten tausende Fische fressende Vögel als natürliche Konkurrenten in ihrem Fanggewässer. Dagegen wird im Land ob der Enns, einer der wohlhabendsten Regionen Europas, von manchen menschlichen Fischern ein Bruchteil von fischfressenden Vögeln als „ökologische und ökonomische Katastrophe“ dargestellt.
Ohne jemand beleidigen zu wollen: In Oberösterreich scheint eher ein Bewusstseinsproblem zu existieren, geprägt von selbst geschaffenen, ökonomische Sachzwängen - aber ökologisch betrachtet jedenfalls kein „Fischfresserproblem“. Manchen Funktionären der oberösterreichischen Freizeitfischer wäre eine Reise an den Kerkini zu gönnen. Vielleicht würde das dort Erlebte ihre enge, ökonomische Sichtweise ändern? Jedenfalls soll die Bildergalerie mit Aufnahmen vom Kerkini-See eine Ahnung davon geben, welche Schönheit auch von Wasservögeln ausgeht.